Berufsunfähigkeitsversicherung

Absturzgefahr

Für Vater Staat zählt nicht, was einer „gelernt“ hat. Einzig die Arbeitskraft der Bürger ist für ihn relevant. Ist diese futsch, gibt’s Erwerbsminderungsrente. Aber nur dann, wenn Gevatter Tod schon am Gartenzaun lauert.

Von Heike Arnold

 

Viele wissen es nicht oder wollen es nicht wahr haben: Wer in seinem Beruf nicht mehr arbeiten kann,  dem droht, wenn er nicht selbst für diesen Fall vorgesorgt hat, der materielle Absturz. Denn das „soziale Netz“ in unserem Land hat fette Löcher – und die zu stopfen ist nicht vorgesehen. Stattdessen wird an unsere Eigenverantwortung appelliert. Diese nach jahrzehntelanger staatlicher „Fürsorge“ anzuerkennen und die richtigen Maßnahmen in Sachen „private Vorsorge“ zu treffen, ist für viele Bürger jedoch Neuland.

      Hilfe bei der Orientierung und adäquate Lösungen bieten private Versicherer und unabhängige Finanzberater. Auch wenn der Ruf dieser Branche nicht der Beste ist, lohnt es sich, bei Themen wie der Berufsunfähigkeit oder der betrieblichen Altersvorsorge doch einmal genauer zuzuhören. Und nachzufragen! Etwa, inwieweit sich eigentlich die staatliche Erwerbsminderungsrente von der privaten Berufsunfähigkeitsrente unterscheidet.

     Gottfried Findelsberger, Vorstand der Findelsberger AG im bayerischen Altötting weiß das. „Der Staat“, sagt er, „versichert keine Berufe mehr, sondern nur die reine Erwerbsfähigkeit“. Das heißt, dass ein jeder erwerbstätige Bürger, ganz egal, welchen Beruf er heute ausübt, morgen dazu verpflichtet werden kann, eine x-beliebige Tätigkeit zu übernehmen, wenn er im alten Beruf nicht mehr arbeiten kann. Ein angestellter Kfz-Meister mit Parkinson, beispielsweise, kann dazu verpflichtet werden, fortan stundenweise als Pförtner in seinem Werk zu arbeiten. „Erst, wenn er auch das keine drei Stunden am Tag mehr kann, weil er nach einem Hörsturz einen Tinnitus hat und der berufliche „Absturz“ bei ihm zu massiven Depressionen geführt hat“, so Findelsberger, „gibt es die volle Erwerbsminderungsrente. Die liegt derzeit bei gerade einmal 653 Euro monatlich – für die Meisten zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel.

 

Berufsunfähigkeitsversicherung respektiert Werte

Was es bedeutet, berufsunfähig zu sein und mit der Erwerbsminderungsrente zu leben, weiß Anton E. Der 56-jährige, der früher einmal ein erfolgreicher Unternehmer war, dann zunächst geschäftlich und privat vom Pech verfolgt wurde und zu guter Letzt vor zwei Jahren als Notlösung ein Kunstherz bekam, hat die Odysee durch die staatlichen Sozialsysteme durchgemacht. „Als meine Erwerbsunfähigkeit endlich verbrieft war“, sagt der Mann, „stand der Tod quasi schon an meinem Gartenzaun. Was ich an Bürokratie habe über mich ergehen lassen müssen, war einfach menschenunwürdig“. Von dieser kleinen Rente leben und davon auch noch die Kranken- und Pflegeversicherung zahlen zu müssen, macht das „Leben auf Pump“, wie Anton E. seine Situation beschreibt, nicht einfacher. 

     Gewiss, der Einwand ist berechtigt. Der Unternehmer hätte vor Jahren, als es ihm gesundheitlich und wirtschaftlich noch gut ging, privat vorsorgen können. Mit einer privaten Kranken-, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherung wäre ihm zwar die Sache mit dem Herzen auch nicht erspart geblieben, aber wenigstens seine Würde als Mensch wäre ihm durch die Berufsunfähigkeitsrente geblieben.

      Für den Weg der privaten Vorsorge hat sich nun aber seine Tochter entschieden, die gerade in den Beruf eingestiegen ist. Zwar ist ihr Ausbildungsgehalt gering, aber „vom Staat abhängen“, wie ihr Vater, will sie später mal nicht. Und für die 17-jährige ist es jetzt auch noch besonders günstig und einfach, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Gerade mal knapp 20 Euro im Monat zahlt sie dafür. Einzahlen muss sie als Berufsanfängerin allerdings mindestens fünf Jahre lang, bevor die Versicherung dann greift. 


Späte Sicherheit kann teuer werden

Ein später Vertragsabschluss in mittleren Jahren kann jedoch nicht nur ziemlich teuer werden; es kann auch passieren, dass die Versicherung einen Antragsteller dankend ablehnt – je nach Krankheitsgeschichte. Deshalb heißt es in jedem Fall: Aufpassen und nicht den erstbesten Vertrag unterschreiben. Für den Experten Gottfried Findelsberger ist ein Vertrag zur Berufsunfähigkeit dann ein guter Vertrag, wenn er möglichst zu 99% die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden erfüllt und ein hohes Maß an Flexibilität enthält. So sollte beispielsweise ein späterer Wechsel in die Selbstständigkeit kein Problem sein oder auch die dynamische Anpassung des Beitrages. Wichtig ist auch, die „abstrakte Verweisung“ auszuschließen, die es Versicherern möglich macht, vom Versicherten zu verlangen, in einem anderen Beruf zu arbeiten.  Die Kopplung der Berufsunfähigkeitsversicherung an eine Kapitallebens- oder Rentenversicherung ist dagegen nicht zu empfehlen, denn wenn einmal das Geld knapp wird und die Versicherung die Police beitragsfrei stellt, geht die Absicherung gegen Berufsunfähigkeit damit flöten.

     Wie auch immer im Einzelfall die Berufsunfähigkeit privat abgesichert wird: Es nicht zu tun und sich auf den Staat zu verlassen, ist nach Auffassung von Thorsten Rudnik, Vorstand beim Bund der Versicherten eine grobe Fahrlässigkeit.  Die rund zwei Millionen Menschen, die derzeit in Deutschland staatliche Erwerbsminderungsrente erhalten, werden ihm zustimmen. Auch Anton E. tut das. „Ich kann vor allem Selbstständigen nur dringend empfehlen, privat vorzusorgen. Besonders, wenn eine Familie da ist. Die Kinder müssen heute unter meinem „positiven Denken“ von damals leiden - und als Privatpatient hätte ich sicher auch ein Kunstherz der jüngsten Generation bekommen und nicht das „GKV“-Auslaufmodell“.  --- #